Was bedeutet Recovery?

Im Recoveryansatz steht die Genesung im Mittelpunkt. Genesung wird dabei nicht als Symptomfreiheit verstanden, sondern als Weg hin zu einem freudvolleren und zufriedeneren Leben. Recovery ist mehr als »nur« die Bewältigung von Symptomen, auch bedeutet es nicht unbedingt vollständige »Heilung«, denn in den meisten Fällen besteht die Erkrankung bzw. Verletzlichkeit fort - Betroffene führen aber trotzdem ein zufriedenes Leben. Es geht also darum, den negativen Einfluss einer psychischen Erkrankung zu überwinden, obwohl sie weiterhin anhält.

aus dem Buch "Recovery und Empowerment" 
von Andreas Knuf

Zentrale Botschaften

Recovery

  1. Gesundung ist auch bei schweren psychischen Erkrankungen möglich!
    Mit Gesundung ist gemeint, dass die Erkrankung ganz abklingt oder die Betroffenen gut mit ihrer Erkrankung leben können. Gesundung ist auch nach längerer Krankheitszeit möglich.

  2. Ohne Hoffnung geht es nicht!
    Hoffnung auf eine positive Entwicklung ist ein zentraler Faktor, der darüber entscheidet, ob Gesundungsprozesse in Gang kommen. Neben der Hoffnung der Betroffenen ist auch die der Angehörigen und der Fachpersonen zentral.

  3. Jeder Gesundungsweg ist anders!
    Verschiedene Menschen brauchen unterschiedlich viel Zeit für Gesundungsschritte. Jeder Mensch muss seinen eigenen Weg finden.

  4. Gesundung ist kein linearer Prozess!
    Sie ist nicht systematisch und planbar, vielmehr kann es plötzliche positive Veränderungen geben, aber auch Stillstand und Rückschritte sind möglich.

  5. Gesundung geschieht, auch wenn Symptome fortbestehen oder Krisen auftreten!
    Gesundung bedeutet nicht zwangsläufig vollkommene Symptom- und Krisenfreiheit. Krisen und Symptome treten aber seltener auf und sind weniger belastend.

  6. Krankheit und Gesundung verändern den Menschen!
    Durch die Erkrankung verändert sich der oder die Betroffene. Gesundung bedeutet nicht, wieder genau so wie vor der Erkrankung zu sein.

  7. Gesundung ist mit, ohne oder trotz professioneller Hilfe möglich!
    Fachliche Unterstützung ist nur ein Faktor unter vielen, der Gesundung fördern kann.

#makeitvisible

Genesung sichtbar machen!

Unter dem Hashtag #makeitvisible starten wir ein Digitales Recovery Museum. Hier teilen wir Fotos oder kurze Videos von Betroffenen, auf denen Gegenstände, Orte oder Erlebnisse zu sehen sind, welche auf ihrem Genesungsweg eine besondere Rolle spielen oder gespielt haben. So entsteht eine bunte Sammlung an Einblicken in die individuellen Recoverywege verschiedener Menschen, welche anderen Anregungen und Zuversicht vermitteln. Alle Einsendungen findest du auf unserem Instagram-Account @makeitvisible_mindemy. Du möchtest bei #makeitvisible mitmachen? Wie das geht, erfährst du weiter unten.

Schriftliche Recoverygeschichten

Buch "Die Hoffnung trägt"

Spielregeln akzeptiert

Martin Kolbe

"Mithilfe eines Neuroleptikums kann man in minimaler Dosierung einen geregelten Schlaf-Wach-Rhythmus erreichen. Erfreulicherweise verspüre ich keine Nebenwirkungen und das Medikament macht nicht abhängig. Schlafe ich ein paar Nächte kaum und springe morgens trotzdem voller Tatendrang aus den Federn, leuchten im Gegensatz zu früher sämtliche Alarmlampen auf. Seit 2003 war dies zwei Mal der Fall und ich konnte mit einer geringfügigen Erhöhung der Dosis erfolgreich gegensteuern – natürlich nach Rücksprache mit meinem Arzt. Das gelungene Abfangen beginnender manischer Symptome empfand ich jeweils als einen wirklichen Sieg, eine Bestätigung, dass es möglich ist, mit dieser Disposition umzugehen, solange man sich an die Spielregeln hält."
Älterer Mann mit weißen Haaren der auf einem Bahngleis Gitarre spielt

Dranbleiben und zu mir finden

Lesly Luff

Der Gruppenaustauch mit anderen Betroffenen führte mich auf meine Bedürfnisse zurück. Meine Essstörung habe ich heute im Griff, doch das Gefühl von Einsamkeit trage ich noch in mir. Und ein innerer Drang, nicht still zu stehen, Neues auszuprobieren. Ich muss mich überlisten, um zur Erholung zu kommen und meine Bedürfnisse immer wieder spüren. Die Arbeit mit Betroffenen, Angehörigen und Fachpersonen bedeutet für mich auch dranzubleiben, an mir zu arbeiten, ehrlich zu mir und anderen zu sein. Kein Gesundungsweg ist geradlinig. Zweifel, Ängste, Rückfälle gibt es immer wieder – auch bei mir, auch heute noch. Es geht darum, sich besser wahrzunehmen, Vorzeichen zu erkennen, diesen mutig zu begegnen und an kleinsten Erfolgserlebnissen zu wachsen.
Frau in braunem Mantel mit blonden lockigen schulterlangen Haaren, die am See neben einem braunen Hund sitzt

Die Hoffnung trägt

Buch

Im Buch "Die Hoffnung trägt" finden Sie weitere Recoverygeschichten psychisch erkrankter Menschen.

MITMACHEN

Bei Recovery Story Telling

Wenn du selbst Erfahrungen mit psychischen Krisen hast und bereits einen längeren Gesundungsweg hinter dir hast, dann würden wir uns sehr freuen, wenn du deine Erfahrungen im Rahmen unseres Videoprojekts "Recovery Story Telling" teilen möchtest! Wenn du nicht in einem Video vorkommen möchtest, kannst du dich natürlich auch an unserem Projekt #makeitvisible beteiligen. Alle wichtigen Infos dazu findest du mit einem Klick auf den entsprechenden Button.